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Zweite Reise in den Senegal im Februar 2011

Reisebericht 

von Susanne Szemerédy und Heidi Schlammerl 

Nach unserer ersten Reise im Jahr 2010 hatten wir unseren Verein „Bamtaare-Senegal 2010 e.V. gegründet mit dem Ziel, die Menschen in dem Dorf Sinthiou Mbal, wo Demba Ba Bürgermeister ist, und wenn möglich in der weiteren Umgebung zu unterstützen.

Eine wichtige Erkenntnis unserer ersten Reise war, dass neben materieller Unterstützung vor allem auch der persönliche Kontakt zu solidarischem Handeln führt und dauerhaft Veränderungsprozesse in Gang setzen kann. Persönlicher Kontakt kann natürlich nur gelingen, wenn eine sprachliche Verständigung möglich ist. Nachdem wir selbst nur rudimentär französisch sprechen und insbesondere die Frauen im Dorf ebenfalls kaum dieser Kolonialsprache mächtig sind, haben wir uns diesmal entschlossen, die Sprache der Menschen in Sinthiou Mbal zu erlernen.

Gesagt, getan – also planten wir, Susanne Szemerédy und Heidi Schlammerl, einen Teil unseres Aufenthalts im Senegal in Form eines Sprachkurses in Pulaar zu verbringen.

Wir hatten die Auskunft von Demba Ba und Aliou Ba (Präsident der ältesten nichtstaatlichen Organisation für Entwicklungshilfe im Senegal), dass ein solcher Sprachkurs problemlos zu „organisieren“ sei. Konkret bedeutete dies, dass wir vor unserer Reise weder wussten, wer unser Lehrer sein sollte, in welcher Sprache der Kurs stattfinden könnte, geschweige denn, wo und wann wir unseren Lehrer kennenlernen würden. Wir flogen einfach über Lissabon nach Dakar mit Allem rechnend.

Überraschend schnell fügte sich dann aber alles und bereits zwei Tage nach unserer Ankunft begannen wir unseren Unterricht bei unserem Professor Fary Ka an der Universität Cheikh Anta Diop in Dakar.

Insgesamt hatten wir bei ihm an fünf Tagen jeweils für einige Stunden Unterricht in Englisch – Pulaar. Den Rest der Tage verbrachten wir mit Büffeln und uns rauchte der Kopf.

Diese afrikanische Sprache mit ihren Wurzeln im Arabischen und dem Altägyptischen ist grammatikalisch völlig anders konstruiert als die uns bekannten europäischen Sprachen. So gibt es z.B. nicht vier Fälle sondern mehr als zwanzig „Klassen“, wobei sich in jeder dieser „Klassen“ die Worte zum Teil gänzlich verändern.

Wir konnten nach unserem Unterricht bei Fary Ka aber zumindest Teile der rituellen Begrüßung bewältigen und uns auch mit einigen wenigen kurzen Sätzen und einzelnen Worten verständigen. Allein damit lösten wir bei unserem anschließenden Besuch in Sinthiou Mbal allergrößte Entzückung und das Bemühen aus, uns mehr beizubringen. Damit hatten wir im Dorf eine Vielzahl von kleinen und großen Lehrern und Lehrerinnen.

Da wir uns in der letzten Woche unseres Aufenthaltes an dem Weltsozialforum in Dakar beteiligen wollten, hatten wir in diesem Jahr für unseren Aufenthalt in Sinthiou Mbal leider nur wenige Tage zur Verfügung. In diesen Tagen konkretisierte sich aber das Gartenprojekt des Dorfes auf einer Versammlung, bei der wir mit dabei waren.

Abgesehen von vereinzelten kleinen Gärten an Häusern und Hütten hat der Anbau von Gemüse bei den Dorfbewohnern/innen – die zu der Ethnie der Peul oder auch Fulbe gehören – bisher keine Tradition. Die Peul bzw. Fulbe stammen von einem alten Nomadenvolk der Hirten ab, für die Gemüseanbau keine Bedeutung hatte. In ihrer Sprache Pulaar gibt es daher auch kein eigenes Wort für Garten, der als „sardiyye“ bezeichnet wird, abgeleitet von dem französischen jardin.

Soweit sie es sich leisten können, ist die Ernährung der Peul traditionell dominiert von Fleischverzehr – ihre Herden bestehen aus Rindern, Schafen und Ziegen. Eine ausgewogenere Ernährung mit mehr Gemüse ist daher ein wichtiger Bestandteil für die Verbesserung der gesundheitlichen Situation der Menschen.

Ohne eigenen Garten muss Gemüse auf dem Markt gekauft werden und das können sich viele Dorfbewohner/innen schlichtweg nicht leisten.

Mit der zunehmenden Versteppung der Region in der Sahelzone verschlechtern sich zudem die Bedingungen für die Viehhaltung und damit die Nahrungsressourcen.

Orientiert an einem Gartenprojekt eines Nachbardorfes kam von unseren Vereinsmitgliedern der Vorschlag für einen gemeinsamen Dorfgarten in Sinthiou Mbal.

Die Bewohner/innen haben sich in der Versammlung dafür entschieden und umgehend in gemeinsamer Arbeit begonnen, auf zwei Arealen jeweils in der Größe eines Fußballplatzes Gemüsegärten anzulegen. Tiefbrunnen zur Bewässerung waren bereits vorhanden, wobei einer erst noch repariert werden musste, was Dank einer Spende von mehreren Zementsäcken durch Demba Ba verwirklicht werden konnte. Wichtig war, dass die Dorfbewohner/innen mit dem Gemüsegarten erst einmal aus eigener Kraft begonnen haben. Grundlage hierfür war die Bildung einer Solidaritätskasse des Dorfes, in die die Bewohner/innen je nach ihren Möglichkeiten eine kleine finanzielle Einlage geleistet haben.

Der Gemüsegarten wurde dann in Parzellen aufgeteilt, für die einzelne Dorfbewohner/innen verantwortlich sind und von deren Ertrag sie profitieren.

Von unserer Seite wird das Gartenprojekt nunmehr finanziell unterstützt zur Beschaffung von Saatgut, Arbeitsmaterial und Düngemitteln.

Vor Ort wird das Projekt begleitet von einer einheimischen Mitarbeiterin unseres Kooperationspartners in der Region, Bamtaaremen e.V. in Ourossogui. Sie erhält von uns für die Begleitung des Projekts und die Beratung der Dorfbewohner/innen eine Aufwandsentschädigung und berichtet uns dafür in regelmäßigen Abständen über den Stand des Projekts und die Verwendung der von uns zur Verfügung gestellten Mittel.

Die letzte Etappe unserer diesjährigen Reise führte uns wieder zurück nach Dakar.

Diese Rückfahrt hatte einmal mehr Abenteuercharakter. Neben den unvermeidlichen Schlaglöchern und einem Sandsturm überraschte uns unser Fahrer mit einem Abstecher zu seiner angeblichen Schwester, der dann leider mehrere Stunden in Anspruch nahm. Auch die örtliche Verpflegung bei Fahrtpausen in Form von zerkleinertem, äußerst zähem Ziegenfleisch mit Knochen, in wenig ansprechender Umgebung – im Grund direkt an der Straße in einem offenen Bretterverschlag – forderte unsere Anpassungsfähigkeit. Wenig appetitanregend war auch unsere Beobachtung, dass sich vor der Zubereitung bereits die Fliegen an dem rohen Fleisch labten.

Irgendwann nachts kamen wir dann aber dennoch heil in Dakar an und konnten zwei weitere Mitglieder unseres Vereins begrüßen, die zum Weltsozialforum angereist waren.

Die restlichen Tage verbrachten wir bei dem diesjährigen Weltsozialforum, bei dem sich Menschen aus allen Weltteilen treffen und sich unter dem Motto „Eine andere Welt ist möglich“ für mehr Gerechtigkeit und Solidarität engagieren.

Für uns war es sehr beeindruckend, zum Abschluss unserer Reise unser kleines Hilfsprojekt eingebettet in eine weltweite Solidaritätsbewegung zu erleben.

Mit Genehmigung unseres Präsidenten (Landgericht I München) freuen wir uns im Rahmen der diesjährigen Weihnachtsfeier des Landgerichts im Justizpalast einige Bilder über die Menschen in Sinthiou Mbal und ihre Lebensform präsentieren zu können.

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